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AutorenbildKarin Jüngling

kommunizieren statt trainieren, macht aus menschen wieder affen

Aktualisiert: 13. Juni 2019

Auch wenn ich in meiner Hundeschule immer das positive Training vermittle, schaue ich doch zusätzlich nach rechts und links, um zu sehen, welche anderen Trainingstechniken noch propagiert werden, oder ob es mittlerweile auch schon wieder neue Erkenntnisse gibt, über die ich mich informieren sollte. Dazu surfe ich durch das Internet und besuche verschiedene Seiten, z.B. von Hundetrainern.

Am meisten wird dort, ausserhalb von den Internetseiten positiver Trainer, mit der Nonverbalen Kommunikation gelockt. Das bedeutet eine Kommunikation ohne zu sprechen, sondern nur mit Körperbewegungen und Handzeichen.

Es sind auffallend oft Hundeschulen, die nach dem Prinzip arbeiten, den Hund zu führen anstatt ihn zu trainieren, aber selbst für mich als Profi ist diese Aussage wirklich nichtssagend. Der Mensch ist bei diesen Methoden der Entscheider, er führt den Hund oder das "Rudel". Informiert man sich auf den Internetseiten dieser Trainer weiter, dann stellt man allerdings einen "Sektenartigen" Aufbau fest.

Auf den Internetseiten wird über reine Manipulation des Menschen gearbeitet. Es fallen Schlagworte, wie "wir Dressieren nicht", "wir bestechen nicht über Leckerchen", "Wir kommunizieren" oder Beziehung und Erziehung statt Training und Tricks!

Das sind also ganz bewusst eingesetzte Schlagworte die suggerieren sollen, dass nur diese Technik als Artgerecht angewendet werden kann und das Hundetraining an sich damit doch irgendwie unnötig, sogar falsch ist.


 


Wie kommuniziere ich denn Hündisch?


Die Frage ist doch, was steckt dahinter? Arbeiten über Körpersprache hört sich so nett an, denn unsere Worte versteht der Hund gar nicht, ohne dass ich sie Ihm beigebracht habe. Wenn ein Hund gerne den Liegeplatz eines anderen (fremden Hund) hätte, dann geht er vermutlich dort hin und knurrt den anderen Hund an. Sollte dieser nicht reagieren, dann kann aus dem knurren auch ein "Abschnappen", also ein beißen ohne Verletzungsabsicht werden. Reicht das noch immer nicht, dann kann es zum "Kampf" kommen und auch Verletzungen werden in Kauf genommen. Tatsächlich ist genau das mit der körpersprachlichen Kommunikation gemeint, dass wir in Richtung unserer Hunde kommunizieren und unseren Hund blocken und körpersprachlich bedrohen sollen. Wie soll ich denn sonst, ohne ein Signal trainiert zu haben (wir dressieren nicht) den Hund z.B. daran hindern von seiner Decke aufzustehen oder von der Couch zu gehen?

Gleiches gilt für den sogenannten "Alphawurf", also einen Hund auf die Seite oder den Rücken zu werfen um ihn zu maßregeln/korrigieren, oder den "Schnautzengriff". Das machen Hunde untereinander doch genauso! Tun sie das wirklich?

Ich habe zwei Hunde und natürlich kommt es bei den beiden Rüden auch zu Konflikten. Das können Schlafplätze oder Ressourcen sein, die ein Hund gegenüber dem anderen verteidigt. Wenn ich die zwei beobachte, muss ich allerdings immer wieder feststellen, wie fein die Kommunikation ist und, dass ich als Mensch tatsächlich niemals so schnell sein kann, wie es die Hunde sind! Ja sicher kommunizieren Hunde über die Körpersprache, aber das ist nur ein ganz kleiner Teil der Kommunikation! Hunde kommunizieren auch über ihren Geruch. Das betrifft ihren körpereigenen Geruch sowie ihre Urin- und Kotmarken. Die meisten haben schon einmal den Ausspruch gehört, dass der Hund beim Beschnüffeln von Duftmarken "Zeitung liest".

Das hieße, zu einer einwandfreien Kommunikation, müssten wir uns ebenso über unsere Ausscheidungen mitteilen. Aber das ist eklig, also lassen wir den Teil der Kommunikation einfach weg.

Kommunikation ist keine einbahnstrasse

Natürlich gibt es auch einladende Kommunikation, wie z.B. dass wir uns klein machen, wenn wir den Hund gerufen haben, damit unsere frontal-aufrechte Körpersprache ihn nicht verunsichert. Ebenso das körpersprachliche einladen des Hundes uns zu folgen etc.. Das ist gar nicht strittig und wird ganz sicher in jeder Form der Hundeerziehung so gemacht, weil der Hund ganz genau versteht was wir möchten, im Gegensatz zu handgreiflichen Auseinandersetzungen.


Als nächstes sei erwähnt, dass Hunde auch in unsere Richtung kommunizieren, z.B. an der Türe stehen und signalisieren, dass er raus will. Das geht ja gar nicht!! Wir können den Hund doch nicht rauslassen, nur weil er es jetzt gerade möchte!

Wir müssen doch der Chef sein, unseren Hund führen!

Oder der Hund stubst uns an, weil er sein Bällchen haben möchte. Das geht ja gar nicht!! Der Hund hat doch nur zu spielen, wenn ich das möchte und sicher nicht, weil er mich dazu auffordert!

Hmmm ein Dilemma! Das bedeutet, diese Trainingsmethode verwehrt dem Hund mit uns zu kommunizieren. Ich habe alle Entscheidungen zu treffen, deshalb lassen wir auch das raus, aus der "Nonverbalen-Kommunikation".



hündische kommunikation = zurück zum Affenmenschen


Verstehe ich das also richtig, ich soll, um meinen Hund hündisch zu erziehen, meinen Intellekt beiseitelegen und ihn einfach nur "blocken", "mit den Augen fixieren", auf den Rücken werfen,"korrigieren", am besten durch anzischen oder in die Flanke kneifen, anstatt ihm etwas beizubringen? Ich soll die Steinzeit überspringen und wieder zum Affen werden?

Klingt für mich etwas pervers. Wir nehmen einmal das Beispiel, dass der Hund nicht an der Leine ziehen soll. Ich blocke ihn immer, wenn er versucht mich zu überholen. So lernt er, dass er nicht an der Leine ziehen soll? FALSCH! So lernt er, dass wenn er versucht mich zu überholen, er eine Strafe erfährt, er lernt also nur, dass er mich nicht überholen soll, wenn er keine negativen Konsequenzen erleben will.

Soweit so gut, aber ich habe doch eine sehr gute abgeschlossene Schulbildung, ein abgeschlossenes Fachabitur und habe sogar studiert. Möchte ich dem Hund also wirklich über Korrektur beibringen, dass er mich an der Leine nicht überholen darf? Oder nutze ich nicht lieber meinen Intellekt und bringe dem Hund bei, wie man an der Leine geht?

Dann ist es auch egal wie lange die Leine in Zukunft sein wird. Er hat das Prinzip verstanden, nicht zu ziehen, wenn er das Leinenende erreicht hat und dafür wird er belohnt.


Was mich letztlich wieder zum Titel des Blogartikels führt: kommunizieren statt trainieren, macht aus Menschen wieder Affen!


Oh nein, es geht mir hier gar nicht darum jemanden persönlich anzugreifen, oder zu beleidigen! Wir alle stammen vom Affen ab, aber wir haben uns weiterentwickelt zu einer Gesellschaft, die in der Lage ist zu diskutieren, kritisieren, und für verschiedene Rechte zu kämpfen. Das ist ein Blog, der meine Gefühle plakativ ausdrückt und es ist kein Fachartikel. Wie immer möchte ich nur zum nachdenken anregen, ein bisschen wachrütteln und darauf aufmerksam machen, dass es auch anders geht.

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